Donnerstag, 27. Dezember 2012

Auf dem Drahtesel nach Süden

Schon vor einiger Zeit, als wir uns näher mit China beschäftigten, wurde schnell klar, dass das Land viel zu groß ist um es in der Zeit, die uns das Visum und auch unsere eigenen Pläne geben, komplett auf dem Fahrrad zu durchqueren. Durch die Berge von Nord- nach Südchina zu radeln erscheint uns jedoch eine reizvolle und anspruchsvolle Tour zu sein. Die Details zum Routenverlauf konnten wir einer Internetseite eines China-Reiseveranstalters entnehmen, was die Planung sehr erleichterte.
Obsternte - Fruit picking



Bauernhaus am Weg in die Berge
A farmhouse on our way into the mountains














Wir frühstücken süße Brötchen im Hotelzimmer und starten die heutige Tour, die uns nach Pingli führen wird. Das Ziel ist gut ausgeschildert – hier in der Provinz jedoch ausschließlich in chinesischen Schriftzeichen. 
Heutige Dörfer: viele Betonbauten
Villages today: many concrete buildings
Da wir uns die so schlecht merken können, machen wir lustige Assoziationen: Heute geht es nach "Wasserrohrzange" + "Krückstock"
 Zwar zeigt sich der Himmel grau und bedeckt, jedoch sind die Temperaturen mild, ideales Radfahrwetter! Die Route verläuft über Nebenstraßen stetig leicht bergauf. In den kleinen Orten sind wir eine ziemliche Attraktion. Oft wird uns gewunken und wir werden mit "Hello" oder "Hi" (nicht nur von Kindern) gegrüßt. Auf dem Weg sehen wir zahlreiche Teeplantagen, die von Kleinbauern bewirtschaftet werden. Am frühen Abend erreichen wir die Provinzstadt Pingli und checken in einem kleinem Hotel am Straßenrand ein. Auch in diesem Gasthaus wird nur spärlich Englisch gesprochen, mit unserem "Ohne WörterBuch" und einem Lächeln können wir uns jedoch verständlich machen. Später laufen wir noch einmal am beleuchteten Fluss entlang zum Stadtzentrum (zu unserer Überraschung ist der Ort noch viel größer). Über eine Brücke gelangen wir zu einer großen Pagode am Stadtplatz wo viele Chinesen (diesmal als Paare) tanzen und Gymnastik machen. Später bestellen wir unser Abendessen in einem kleinen Restaurant mit Hilfe des Bild-Wörterbuchs und Fotos von Gerichten, die uns in den vergangenen Tagen gut geschmeckt haben. Das funktioniert und die anderen Gäste in dem kleinen Straßenrestaurant staunen nicht schlecht. :)

Pingli am Abend - Pingli by night

Zhenping in 108 km
Der Wecker klingelt schon um 7 Uhr – heut steht die Königsetappe an, steil und lang. Zunächst fahren wir erst einmal durch Pingli bis wir die Abzweigung nach Zhenping erkennen. In chinesisch ist unser Ziel heute "Rohrzange + Schraubzwinge" und "Friedhof + Krückstock" – könnt ihr es erkennen? Dieser Ort ist 108 km entfernt.
Über ein ruhiges Seitental ohne nervig hupende LKW's geht es dann schön gemütlich bergauf. In der Mittagspause am Straßenrand machen wir Bekanntschaft mit den Dorfschülern, die immer wieder kurz Englisch sprechen und dann schüchtern wegrennen. 

1200 Höhenmeter sind wir bis jetzt hinaufgestrampelt, als es ab dem späten Nachmittag endlich bergab geht. Wir rollen an Bambus-, Palmen- und Bananenbäumen vorbei und müssen uns beeilen. 
Als es um 18:15 dunkel wird sind wir noch 30 km von unserem heutigen Ziel Zhenping entfernt. Also schnell die Lampen angesteckt und dann geht es noch 1,5 Stunden weiter durch die Nacht bis wir das 1. Hotel in Zhenping sehen. Das nimmt aber keine Ausländer auf, so müssen wir weiter suchen. Zum Glück treffen wir auf eine Gruppe Jugendlicher die uns voller Enthusiasmus ein weiteres Hotel in ihrer Heimatstadt zeigt. Während wir dorthin radeln, rennen sie uns nach. So gibt es einen "großen Empfang" nach unserer Megastrecke vor dem "Ming Zhu" Hotel - wir fühlen uns wie Popstars. Gern würden wir noch ein wenig mehr mit denen quatschen – nach 119 km ist uns jedoch erst einmal nach Zimmer beziehen und duschen. Ausgerüstet mit dem Bilder-Wörterbuch gehen wir in einer Garküche essen, wo wir mit Händen und unseren Fotos Nudelsuppe und gebratenen Reis bestellen.


Begegnungen auf dem Weg - Meetings on the way
Begegnungen in kleinen Restaurants - Meetings in small restaurants
Begegnungen in der Stadt - Meetings in the town

Steffi ist nicht begeistert, als ich ihr am Morgen erzähle, das die heutige Etappe wieder lang (nämlich 95 km) ist. Aber die Sonne scheint und das Streckenprofil verzeichnet nur einen (langen) Anstieg. Vom Frühstück gestärkt geht es um 10.30 Uhr los. Die ersten 20 km rollen wir flott dahin, dann beginnt der 10 km lange, teils sehr steile Anstieg bis zum Jixinling-Pass.


 
Durch ein immer enger werdendes Gebirgstal in dem die Felsklippen teils sehr nah an der Straße nach oben ragen geht es (anstrengend) steil bergauf. Es ist geschafft! Wir stehen am Jixinling-Pass und betreten damit nicht nur die Provinz Chonqing sondern auch den geografischen Süden Chinas.

 Wir schießen ein paar Fotos und die anwesenden Chinesen bewundern wieder meine Größe. Gern stellen sie sich neben mich und machen Fotos – dabei bin ich doch nur 1,93 m, das ist in Europa nichts besonderes. Auf der rasanten Fahrt bergab werden wir immer wieder mit "Hello" gegrüßt und es wird beim Anblick der voll bepackten Räder anerkennend genickt oder der Mund bleibt einfach offen stehen ;-)
Fotos mit asiatischen Touristen
Fotoshooting with tourists from Asia








Nur einmal halten wir auf Bitten von Steffi an: Der Kilometerzähler steht bei 4000 km Gesamtdistanz, wir schießen ein paar Fotos und weiter gehts! 
4000 km Gesamtdistanz - 4000 km total distance

Im Tal des Daning-Flusses radeln wir bis nach Wuxi, wo wir im letzten Abendlicht ein Hotel suchen. Das erste ist uns zu teuer, wir finden aber ein weiteres kleines Hotel über einem Schnellrestaurant was uns ausreicht und mit 130 Yuan bezahlbar ist. Dort essen wir dann auch gleich zu Abend, werden dabei "interviewt" und wieder werden Fotos von den so großen Europäern geschossen – ja wir sind eben in der Provinz unterwegs, in Peking ist das nicht so oft passiert. Wir kaufen noch ein paar Lebensmittel ein und sind auch im Milchladen wieder Fotomotiv. Zurück im Zimmer planen wir unsere weitere Tour, surfen dafür im Internet und schreiben Tagebuch.

Bergab nach Wuxi am Daning Fluss
Downhill to Wuxi at the Daning river













Kann hier wirklich ein Schiff fahren?
Is it possible that a ship goes from here?

Ja! Auch wenn das Wasser sehr flach ist
Yes! Although the water is shallow










Von hier soll es per Boot weiter gehen. Schon gestern Abend haben wir kritisch die kleinen Boote auf dem sehr flachen Daning-Fluss gesehen und uns gefragt, ob der derzeit überhaupt schiffbar ist. Am frühen Morgen überredet mich dann Steffi allein zum Fluss zu gehen um sich über Bootabfahrtszeiten nach Wushan zu erkundigen – sie will noch ein wenig länger schlafen. Zunächst versuche ich mein Glück am Hafen, werde zu einem Gebäude in der Nähe geschickt wo mich die Mitarbeiterin eines Ladens an die richtige Stelle (zurück am Hafen) führt. 

Dort findet sich auch jemand der etwas Englisch spricht und so wird klar, das das Boot nach Wushan um 10 Uhr fährt, wir mit den Rädern aber um 9.30 Uhr da sein sollen. Zurück im Hotelzimmer frühstücken wir und packen Taschen. Als wir dann mit den bepackten Rädern am Flussufer stehen, werden wir gleich angesprochen und "eingesammelt". Wir kaufen die Tickets und bringen alle Taschen und die Räder an Bord des länglichen Flussschiffes. Die Räder kosten zusammen 200 Yuan unsere Passagiertickets zusammen nur 110 Yuan. Bevor es los geht kaufen wir noch etwas Proviant an einem Straßenstand und obwohl wir es noch immer kaum glauben können, wie man mit einem so großen Boot auf dem kleinen, flachen Rinnsaal fährt, legen wir um 10 Uhr ab. 

Auf türkisfarbenen Wasser geht es durch enge Schluchten, oft hören wir den Rumpf des Bootes auf den Steinen im Fluss entlang schleifen. Immer wenn es eng wird, hilft nicht nur der Motor und das Ruder am Heck beim manövrieren, auch am Bug steht noch ein Mann mit einem großen Ruder um das Boot in der Fahrrinne zu halten. Einmal stecken wir mit den ca. 15 anderen Passagieren sogar richtig fest und es braucht eine Weile um vom Grund des Flusses wieder los zu kommen. Dabei hilft nicht nur die Bootsbesatzung, die mit großen Bambusstangen das Boot hin und her hebelt, auch wir Passagiere müssen nach Kommando mal ganz nach vorn, mal ganz nach hinten laufen um das Gewicht zu verlagern. 
Das Boot ist auf Grund gelaufen
The boat is stucked at the riverbed














Ab Duchang wird der wilde Fluss etwas zahmer und breiter und es kommen uns (größere) Touristenboote entgegen, die ebenfalls die "3 kleinen Schluchten" besichtigen. Auch wir fahren an den mehreren 100 Meter hohen Felswänden vorbei. Der Anblick soll jedoch früher noch imposanter gewesen sein, da der Wasserspiegel hier schon ein höherer ist, als noch vor ein paar Jahren. Zwar sind wir noch weit vom berühmten "3 Schluchten Staudamm" entfernt, jedoch staut sich das Wasser des Janktsekiang schon bis hierher zurück.


Der höhere Wasserspiegel lässt auch Gräber versinken
The rise in water level overfloods graves too



Die Schifffahrt durch die "3 kleinen Schluchten" auf dem Daning Fluss
The cruise through the "3 little gorges" on the Daning river



Wir kommen um 15 Uhr in Wushan an, wo der Daning in den Jangtsekiang mündet. Dort erwartet uns eine komplett neu gebaute Stadt, da der größte Teil der alten Stadt in den Fluten der Talsperre versunken ist. In der am Berghang liegenden Stadt suchen wir länger nach einem passenden Hotel. Am Abend laufen wir noch einmal durch den Ort, können wieder Chinesen beim Abendsport beobachten (diesmal mit einem klingenden Bambusstab) und essen in einer Garküche, wo Steffi noch einmal gezeigt bekommt, wie man die Essstäbchen richtig in der Hand hält. ;-)
Angekommen in Wushan - einer durch den 3 Schluchten Staudamm komplett neu gebauten Stadt
Arrived in Wushan - an entirely new build city due to the 3 gorges dam project
Wushan am Abend - Wushan by night
Radtour nach Südchina:
158.Tag (25.10.): Ankang - Pingli (4:51h, 70km)
159.Tag (26.10.): Pingli – Badaoxiang – Hongshixiang - Zhenping (8:02h, 119km)
160.Tag (27.10.): Zhenping - Jixinling-Pass – Dahexiang - Wuxi (6:01h, 99km)
161.Tag (28.10.): Wuxi – Bootsfahrt auf dem Daning-Fluß durch die "3 kleinen Schluchten" – Wushan (0:43h, 7km)

Going south by bicycle
Some time ago, when we planned our travel route through China it became obviously that the country is just too big and the time of our Visa is too short to cross it by bicycle. But the idea of riding our bikes through the mountains from north- to south-China grew in our heads since this time. We've found details about this route on a webpage of a tour operator which helped a lot in the planning period.

Todays tour will bring us to from Ankang to Pingli, a city surrounded by mountains. Road signs are good to find here but the bad thing is that they're only in Chinese characters – latin transliterations have not arrived in the province (yet). To help our brains to memorize todays destination in Chinese characters, we create some association. Today we cycle to „pipe wrench“ and „walking stick“.
Although the sky is pretty cloudy today we have mild temperatures – ideal weather for cycling! The small road is slightly going uphill all the time and in the little towns and villages we're a big attraction! We receive lots of „Hello“, „Hi“ and waving hands on our way along tea plantations that are farmed mainly by hand. In the early evening we arrive at the provincial town Pingli and check in into a small hotel next to the main street. The staff speaks only a very limited English, thanks to the without words-book and a smile we get what we're looking for. Later the day we go on a walk along the river and discover the real city center (the town is much bigger than we've seen so far). Over a bridge we get to a big pagoda at the main square where a group of locals is doing their aerobic-dancing. For dinner we go to a small restaurant where we order our dishes with the help of the picture-wordbook we have and photos of dishes (on our camera) that we liked in the past days. That works pretty well and the locals are amazed.

The alarm clock rings at 7 o'clock - today is our main stage of this tour, long and steep. First we ride through Pingli until we find the junction to Zhenping. In Chinese characters our destination looks like „pipe wrench + bar clamp“ and „cemetery + walking stick“ - can you identify it on the picture with the blue road sign above? This location is 108 km away. We pass a glen without this annoying hooting trucks, then an ascending slope starts. While we have lunch-break at the curbside we get to know the pupils of the village. They say a sentence in English to us, but run timidly away after that. 1200 m difference in altitude we have climbed so far as a nice descend starts. We roll along bamboo-, palm- and bananatrees but we're in a hurry. As it got dark around 6.15 p.m. we're still 30 km away from our todays destination Zhenping. We ride the next 1,5 hours with the spotlights through the darkness until we see the first hotel of the city. Unfortunately they don't except foreigners, so we have to find a different one. A group of youngsters start to chat with us and show us the next hotel in town. In the time we're cycling there they run on a short cut and welcome us in front of the „Ming Zhu“ hotel – we feel like popstars! We would love to chat longer with them but after 119 km on the bike we prefere to get into our room and take a shower. Equipped with our picture-wordbook we go into a small restaurant and order noodle soup and fried rice.

Steffi is not very much enthusiastic once I told her that today's stage is again a long one (95 km). But the positive news are that there will be only one (long) uphill and the sun is shining. After a good breakfast we start at around 10.30 am. The first 20 km are easy, flat and thus fast, then the (partially steep) ascend starts up to the Jixinling-pass. We follow the small road through a narrow valley where the cliffs of the surrounding mountains get pretty close to us. We've succeeded! We're standing at the pass, marked with a big gate and enter not only the Chonqing province, we enter south-China too. Some Chinese tourists like to have pictures with us (being so tall) – for us no problem! Standing with my 1,93 m next to them looks funny and amazes them – back home in Europe this is nothing special. On the fast way downhill we hear „Hello“ greetings and people are looking astonished once they see our heavy loaded bikes. Steffi is asking me to stop in the middle of the downhill: her tachometer shows 4000 km total distance - we do some pictures and on it goes.
Arrived in the valley of the Daning river we continue to cycle to the next major town which is Wuxi where we arrive at dusk. The second hotel we look at seems to be okay and with 130 Yuan in our budget. At the ground floor of the same building we get our dinner in a Chinese fast food restaurant where we are again the „superexciting foreigners“ - pictures are obligatory. The same happened in the milk-shop later on. Yes, we're in the countryside where basically no foreign tourist is around, such things did rarely happen in Beijing.

From Wuxi we would like to continue by boat on the small river downstream. When we've seen this little stream yesterday at our arrival in town, first doubts did come up, if the small ships are going at all. In the early morning Steffi convinces me to go by myself to the riverbank to get information about departure times and prices – she prefers to sleep a bit longer. I've to search a bit in the harbour area until I meet the right person that is able to give me the information in English. A boat to Wushan will leave at 10 a.m.
Back in our room we have breakfast and pack our belongings. 30 minutes before departure we're back at the river, this time with all luggage and the bicycles. Someone picks us up and guides us the way to the longtail-boat. For the bikes we pay 200 Yuan, our personal tickets are much cheaper with 110 Yuan (together). Punctual at 10, the boat starts and we're cruising downstreams on the turquoise coloured water. Frequently we can hear the stones of the riverbed scratching at the boat, but that seems to be okay. If the boat has to cross shallow water and rapids not only the rudder and the engine in the back is used, an additional man is standing on the front with a big rudder to avoid the boat crashing to the stones too hard. One time we got stucked on the ground of the river and it takes some time to get away again. Everybody has to help: The crew pushes with long bamboo sticks and the passengers have to move sometimes to the nose, sometimes to the stern of the ship to displace weight.
After the settlement Duchang the small, wild river get's deeper and broader and we can see more and more (bigger) tourist cruiseships that do visit the „3 little gorges“, where we will go through too. Steep and high cliffs get pretty close to our ship although it should have been even more exciting some years ago, when the water lever was not that high. Even if we are still far away from the famous „3 gorges dam“ of the yellow river (Yangtse), the dammed lake does start already here in the Daning river.
At around 3 p.m. we arrive in Wushan where the Daning merges into the Yellow river. The city itself has been completely new build on the mountain slope as the major part of the old city is overflooded by the lake today. After we've checked into a small hotel we walk once more in the city where we can see again locals doing there dancing excercise – this time with a bamboo stick in their hands. For dinner we go into a small restaurant where Steffi got teached once more how to hold the chopsticks in a correct way. ;-)

3 Kommentare:

  1. nur 4.000 km bis jetzt? da seid ihr aber reichlich per bahn, bus, kahn unterwegs.

    ps: das google-das captcha is ja schrecklich.

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    2. Naja aktuell sind es schon weit über 5000 km - hier im Blog sind wir ja (leider) immer rund 8 Wochen hinterher.
      Tripline? Ja, es quält sich etwas mit den vielen Datenpunkten, hab jedoch noch keinen gefunden der das noch mal besser macht ;-)
      Grüße in die Welt!
      Dirk

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